Dezember 2020
Weihnachtsgrüße von Rettet das Huhn e.V.
Liebe Freund*innen von Rettet das Huhn e.V.,
mit Bildern der kleinen Lotta und der Freundinnen Frieda und Paula in Weihnachtsstimmung wünschen wir euch besinnliche, und fröhliche Feiertage!
Lotta wurde als "Nummer 532" am 19.11.2020 von uns aus einer riesigen Bodenhaltungsanlage abgeholt. Mit schon zerpicktem Kopf, schwach und mit schwer entzündeten
Gelenken wäre dieses kleine Federgewicht von gerade einmal 1000g in der Anlage normalerweise kurze Zeit später ungesehen unter den Füßen und Schnäbeln ihrer Artgenossinnen gestorben - als
normaler Ausschuss wie täglich ungezählte, unzählige Tiere in jeder Legehennenanlage auf dieser Erde.
Nun feiert Lotta Weihnachten bei unserer Irene. Sie wird gepflegt, verwöhnt, hat es warm und weich, sie darf sich im Wohnzimmer erholen, fröhlich sein und neugierig
Stück für Stück das Leben kennenlernen.
Paula und Frieda kennen heute schon viel vom Leben! Sie wurden als unsere "Nummern 134 und 135" am 1.5.2019 aus derselben Bodenhaltungsanlage als Ausschuss
aussortiert und noch lebend in unsere Hände übergeben. Frieda damals mit dickem Ballenabszess und geschwollenem Bein, Paula mit massiver Nervenschädigung, beide schwach und ausgehungert, nicht mehr
fähig zu laufen und den Attacken ihrer Artgenossinnen hilflos ausgeliefert.
Die beiden leben nun schon längst in Garten und Stall bei unserer Antin ein unbeschwertes Hühnerleben wie es sein soll und besuchen das Wohnzimmer nur noch zu
besonderen Anlässen - wie in diesem Fall dem weihnachtlichen Foto-Shooting.
Für uns Menschen war 2020 ein besorgniserregendes, verwirrendes, anstrengendes Jahr. Umso mehr freuen wir uns, dass wir euch zum Abschluss dieses Jahres eine absolut
erfreuliche Nachricht senden können, die wir selbst gerade kaum fassen können:
Im Jahr 2020 konnten wir 14 302 Hühner retten
und in ein Leben bringen!
Das sind so viele wie nie zuvor! (in 2019 waren es 12830)
Wir sind unendlich glücklich über jedes einzelne Leben und möchten uns von ganzem Herzen bei allen fleißigen Helfer*innen, bei Hühnerpulli- und
Traumarollen-nähe*rinnen, bei unseren vielen tierlieben Adoptant*innen und Pflegestellen, bei unseren treuen Tierärzt*innen, bei den Hühner- Kuh- und Pferdepat*innen, bei allen Förder*innen und
Spender*innen und bei unserem unglaublichen Team bedanken, das jeden Tag so unermüdlich und ohne aufzugeben für diese Tiere kämpft!
Viele liebe Weihnachtsgrüße
und zuversichtliche Wünsche für ein glückliches Jahr 2021
von Steffi und Ellen
und dem ganzen Team
von Rettet das Huhn e.V.
Dezember 2020
Unsere Rettung im Oktober - Lucys erste Schritte im neuen Leben
Liebe Freund*innen von Rettet das Huhn e.V.!
Ende Oktober hatten wir eine kleinere Rettung aus einer Bodenhaltung in der Oberpfalz. Ein kleiner, ländlicher Betrieb mit „nur“ 1000 Hennen in drei Stallabteilen, von denen wir eine Gruppe von 277
„wertlos“ gewordenen Tieren nach einem Jahr „Nutzungsdauer“ abholen durften.
Der traurige Anblick der Tiere war der, den wir insbesondere bei den Bodenhaltungshennen gewohnt sind: Die kleinen Körper ausgezehrt und abgemagert, die Federn zerpickt, abgebrochen und ausgerissen,
die Haut und die Kämme blass und verschorft, die Krallen lang und verdreckt, die Bäuche und Kloaken von höchster Beanspruchung mitgenommen…
Wir wollen nicht zu viele Worte verlieren und zeigen euch hier Lucy, stellvertretend für ihre 276 Schwestern, die nun wie sie nach ihrer Rettung ein Leben in Händen unserer lieben Adoptanten*innen
führen und alles kennenlernen und auskosten dürfen, was Hühner für ein glückliches, zufriedenes Leben brauchen.
Wir zeigen euch Lucy aber ebenso stellvertretend für die über 50 Millionen Legehennen in Deutschland und die Milliarden Tiere weltweit, die nicht gerettet, sondern nach einem Jahr der Ausbeutung
durch uns Menschen getötet werden und die keinen einzigen lebenswerten Tag ohne Not und Qual in ihrem Leben hatten.
An Lucys Beispiel seht ihr eindrucksvoll, was ein Huhn aus der Massentierhaltung schon in den ersten Stunden nach seiner Rettung instinktiv tut, wonach es ihm am
meisten verlangt und was es in seinem Leben als sogenanntes „Nutz“tier in der Legehennenindustrie niemals hat tun dürfen:
-die Ruhe und Ungestörtheit eines friedlichen Ortes genießen, dort die geschundene, zerpickte Haut und die letzten Reste seiner verschmutzten Federchen putzen, ohne in qualvoller Enge zwischen
verzweifelten Artgenossinnen aus jeder Richtung aufgescheucht und gehackt zu werden,
-die Füße und Krallen wohlig auf Gras und Erde spüren und sogleich instinktiv scharren, nach Futter suchen und neugierig und angeregt von der Umgebung Schritt für Schritt sich weiter trauen, weiter
schauen und neues entdecken,
-ein Sandbad nehmen und in höchstem Genuß lange Zeit einfach nur darin liegen bleiben (nichts kennen wir, was mehr Wohlbehagen und Zufriedenheit ausdrücken könnte, als ein ausgezehrtes, fast nacktes
Huhn beim ersten Sandbad seines Lebens!)
-und schließlich begeistert und mit Feuereifer ein Nestchen bauen, das Stroh wieder und wieder um sich drapieren, sich seelig darin drehen und schließlich stolz, höchst zufrieden und mit wohlig
gurrenden Lauten darin einschlafen.
Wer dieses glücklich-eifrige Tun und wohlige Ausruhen eines frisch aus der Hölle entkommenen, seelisch und körperlich bis auf die letzten Reserven ausgezehrten Huhns nur einmal erlebt, der versteht,
welches Verbrechen für unseren Genuß, unsere Gewohnheit und unseren Überfluss an den Milliarden Tieren in der Massentierhaltung von uns Menschen verübt wird.
Sag Nein zum Ei!
Herzlichen Dank an alle Adoptant*innen und Helfer*innen und an unser bestes Team der Welt.
Rettet das Huhn e.V.
Oktober 2020
Wichtiger Spendenaufruf für Tierarztkosten:
Unsere Hühner brauchen eure Hilfe!
Die Rettungen der vergangenen Monate haben viele viele Pflegis und immense Tierarztkosten mit sich gebracht – und die nächsten Bodenhaltungsrettungen stehen uns im
Dezember bevor:
Heute müssen wir euch dringend um finanzielle Unterstützung bitten, damit wir auch weiterhin alle Tiere ausreichend tierärztlich versorgen lassen
können!
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Zur Erinnerung: Wir haben eine Rettungsschleuse für die Tiere eines Betriebs mit 100.000 Legehennen errichtet. Hier bekommen wir das gesamte Jahr über die Tiere, die
verletzt oder schwach von den Mitarbeitern herausgesammelt werden und normalerweise getötet werden oder zur eventuellen Regeneration in die Krankenstation des Betriebs und anschließend zurück in die
Anlage gesetzt werden würden.
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Fast jedes dieser Tiere muss von uns umgehend zum Tierarzt gebracht und längere Zeit gesund gepflegt werden. Einigen von ihnen können wir nur noch durch Euthanasie
helfen, diese Welt, in der sie nie die Sonne gesehen und keinen einzigen Tag ihres jungen Lebens ohne Not und Drangsal verbracht haben, zumindest auf ihrem letzten Weg friedlich zu
verlassen.
Die Tiere wurden Ende Mai eingestallt und wir haben in diesem Jahr bereits 354 schwer verletzte, schwache oder bereits sterbende Tiere abgeholt und begleitet. Viele
Tiere mit Knochenbrüchen, die wir operativ versorgen lassen, viele mit tiefen Wunden, Quetschungen und Wirbeltraumata, andere mit Pickverletzungen und viele auch einfach nur zu Tode geschwächt und
abgemagert.
Es sind junge, vom Verhalten her fast noch kükenhafte Tiere, die sich in unserer Obhut eng aneinanderkuscheln und in den ersten Wochen kaum nach etwas
anderem sehnen als nach Ruhe und Geborgenheit, Sicherheit, einem weichen Platz und einer Artgenossin, mit der sie enge Freundschaft schließen können - ohne Gedränge, Stress und Enge unter Tausenden
anderen auf engstem Raum und Gittern.
Hühner sind hochsoziale Tiere, die in der Massentierhaltung vom ersten Tag ihres Lebens ohne Mutter aufwachsen müssen.
Dabei zeigt die Metapher einer „Glucke“ doch schon an, dass Hühner Tiere mit höchstem mütterlichem Instinkt und wochenlangem, beschützendem Verhalten sind – dass jedes
Küken demnach instinktiv auf das schützende Gefieder und die Wärme der Mutter, auf ihre Fürsorge, Führung und ihre enge Bindung angewiesen ist.
In der Massentierhaltung wachsen die Küken mutterlos auf engstem Raum in industriellen Anlagen auf, landen mit 16 Wochen schon in den Legebetrieben – und einige wenige
dann bereits schwer verletzt oder zu Tode geschwächt in unseren Händen…
Auch aus dem Bodenhaltungsstall im Westerwald, der mit 5000 Tieren insgesamt deutlich kleiner ist, bekommen wir während des
Legejahres laufend verletzte Tiere, die wir abholen können und denen wir so das Leben retten.
Hier haben wir im Jahr 2020 bereits 105 Tiere zwischendurch abgeholt, fast alle mit schweren Verletzungen durch Kannibalismus und Ballenabszessen.
Weitere Kosten entstehen natürlich für die pflegebedürftigen Hennen aus unseren ganz normalen Rettungen. Wenn wir am Ende einer Legeperiode einen gesamten Stallbestand
abholen und die Tiere somit vor der Entsorgung im Schlachthof bewahren und sie in ein Leben in wunderschöne behütete Plätze bei unseren Adoptanten bringen, sortieren wir natürlich auch dabei aus und
behalten behandlungsbedürftige Tiere größtenteils in unserer Versorgung.
Nach Genesung werden sie vermittelt, allerdings gibt es auch immer wieder Tiere, die wegen bleibender Handicaps oder dauerhaft notwendiger Überwachung oder Therapie
für immer bei uns oder in unseren Pflegestellen bleiben.
Derzeit sorgen wir (auch finanziell) für über 200 solcher Dauerpflegehühner.
Nicht zuletzt erreichen uns auch immer wieder Hilferufe von Privatpersonen aus ganz Deutschland, die in ihrer Nachbarschaft oder in nahegelegenen Betrieben auf Fälle
großen Tierleids aufmerksam werden und die nicht wegsehen, sondern helfen wollen.
Und so nehmen wir auch aus solchen Fällen viele schwer kranke oder verletzte Tiere auf und helfen durch Übernahme der
Tierarztkosten und durch Vermittlung, Transport und Unterbringung der Tiere.
Wir haben in diesem Jahr
bereits
über 10 000 Hühnern das Leben
gerettet.
Uns sind in 2020 dabei über 80
000 Euro
allein für die tierärztlichen
Behandlungen angefallen.
Nicht zuletzt hat auch Corona in diesem Jahr vor uns nicht Halt gemacht und unsere finanzielle Lage beeinflusst. Die Kosten für unsere Schutzausrüstung sind seit
Beginn der Pandemie explodiert. Vor Corona mussten am Stall nur die Teammitglieder mit FFP3-Maske, hochwertigem Schutzanzug und Stiefelüberziehern bedacht werden, die im Stall arbeiten, die Hennen
also aus dem Stall holen und draußen an das Team an den Boxen übergeben.
Seit Corona müssen wir ALLE Beteiligten mit FFP3-Masken – da die ab Sommer nicht mehr verfügbar waren- mindestens aber mit FFP2-Masken
ausstatten, da wir auch an den Boxen und beim Sichern der Ladung in den Hängern dicht an dicht arbeiten
(und das teilweise auch mit Sonder-genehmigung in Zeiten strenger
Kontaktbeschränkungen).
Statt 10 Masken benötigen wir nun also 30-35 Masken pro Einsatz. Gleichzeitig sind sowohl hochwertige Atemschutz-masken als auch Schutzanzüge
kaum noch auf dem Markt verfügbar und die Preise haben sich mehr als vervierfacht.
Im Dezember und Februar stehen uns die nächsten großen Rettungen aus zwei Bodenhaltungen in NRW bevor und wir rechnen auch bei diesen Rettungen insgesamt mit
mindestens 70 behandlungsbedürftigen Pflegis, vielen notwendigen Operationen und somit hohen Tierarztkosten.
Wir haben seit Jahren viele wunderbare, treue Unterstützer, die die Lebensrettung und gute Versorgung für so viele Tiere möglich machen!
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Aber aktuell ist unser finanzielles Polster immens geschrumpft
und wir brauchen dringend Hilfe:
Bitte unterstützt unsere Arbeit durch eine
Spende, damit wir die Kosten für die Tierarztbehandlungen unsere Hühner tragen können!
Helft uns, damit wir auch in Zukunft alles für
diese armen Tiere tun können, um sie in ein Leben zu bringen, das eigentlich vom ersten Tag ihres Lebens an ihr Recht gewesen wäre.
Schnell und unkompliziert könnt Ihr uns Eure
Unterstützung
Unseren Paypal-Spendenbutton findet ihr links in der Seitenleiste.
Natürlich könnt Ihr auch direkt
auf unser Spendenkonto überweisen:
Rettet das Huhn
e.V.
IBAN: DE80 4605 0001 0001 2700
40
BIC:
WELADED1SIE
Sparkasse
Siegen
Oder uns durch eine
Fördermitgliedschaft unterstützen:
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Oder eine Hühnerpatenschaft
übernehmen:
Gerade zum Jahresende hin sind auch Firmen oft bereit, größere Spenden an gemeinnützige Vereine zu machen.
Sprecht Euren Arbeitgeber an, berichtet von unserer Arbeit und weckt so vielleicht dessen Bereitschaft, einen Betrag an uns zu spenden.
Natürlich stellen wir als gemeinnütziger Verein Spendenbescheinigungen aus.
Herzlichen Dank für Eure Unterstützung und auch im Namen
unserer Hühner hoffnungsvolle Grüße !!
Euer Team von Rettet das Huhn e.V.
Oktober 2020
Unsere Sommerrettungen - 4113 Legehennen gerettet!
Wie selbstverständlich ist Empathie,
wie selbstverständlich die Ermordung von Tieren...?
Nun ist der Sommer vorüber und wir wollen euch endlich über unsere Rettungen der vergangenen Monate berichten.
Unsere Teams in ganz Deutschland waren von Juni bis September fleißig und wir konnten insgesamt 4113 Hennen und 63 Hähnen in ein neues Leben verhelfen!
1563 Hennen übernahmen wir an zwei Terminen aus einer Freilandhaltung in Niedersachsen, 1537 Hennen ebenfalls in zwei Etappen aus
einem Freilandbetrieb in Bayern. In Baden-Württemberg konnten wir 237 Hennen aus einer Beschlagnahme eines Bodenhaltungsbetriebs, sowie 475 Hennen aus einem Mobilstall eines großen Biobetriebs
übernehmen. In Sachsen konnten wir erstmalig und sehr spontan mit Hilfe einer dort aktiven Tierschützerin einen Bodenhaltungsbetrieb zur Abgabe von wenigstens 301 Tieren an uns
bewegen.
63 Hähne übernahmen wir teilweise mit aus den Betrieben, teilweise aus Beschlagnahmen und Tierheimen und vermittelten sie gemeinsam mit
unseren Hennen in schöne Plätze, wo sie nun endlich mit eigener kleiner Hennenschar glücklicher Hahn im Korb sein dürfen.
Über 800 liebe Adoptanten hatten wir deutschlandweit für die Hühner aus diesen Sommerrettungen gefunden, 50 Transporte an über 60
Übergabeorte in ganz Deutschland organisiert und 93 „Pflegis“ in unserer Obhut behalten, die tierärztlich und/oder stationär versorgt, teilweise operiert und gesund gepflegt werden mussten, ehe sie
in ein neues Zuhause vermittelt werden konnten.
Das sind die reinen Zahlen.
Tatsächlich sind es 4113 Leben und hinter jeder einzelnen dieser 4113 „Nummern“ steckt ein fühlendes, lebendes Individuum. Jede
einzelne dieser Hennen hängt mit ganzen Willem und ganzer Seele an ihrem Leben – denn jede von ihnen hat nur dieses eine, einzige Leben – nicht anders als jeder von uns.
Die Geschichte einer dieser 4113 Sommerhühnchen wollen wir euch heute erzählen. Es ist die Geschichte der kleinen
Hummel:
Ende Juli machten wir uns mit kleinem Team auf den Weg in ein verschlafenes Örtchen in Sachsen.
Dort hatte eine sehr engagierte Tierfreundin für uns Kontakt zu einem Bodenhaltungsbetrieb hergestellt, der seine 3000 Hennen
ausstallte und am Morgen vor der Abholung noch einen Hofverkauf der Tiere an die Anwohner der Umgebung stattfinden ließ. 1€ pro Huhn kassierte er für seine ausgedienten Hennen, gab so viele heraus,
wie die Menschen ihm abnahmen und schickte den Rest anschließend auf den Transport zum Schlachthof.
Die Anfrage der Tierfreundin an uns kam sehr kurzfristig und terminlich mitten zwischen unsere gerade laufenden Sommerrettungen, und so
konnten wir nur -aber wenigstens das- zusagen, 250 Tiere abzuholen - vorausgesetzt, der Betreiber gäbe sie uns kostenlos! Wir rechneten nicht damit, dass er sich darauf einließe und wissen bis heute
nicht, warum er es tat und mit welchen Engelszungen unsere Kontaktperson ihn überzeugt hatte … Tatsache aber war: Er überließ uns 250 Tiere kostenlos und wir sollten sie früh morgens, in der Zeit des
„Ab-Hof-Verkaufs“ abholen.
Normalerweise ist eine Ausstallung durch uns ein Rettungstag, ein Freiheitstag und wir fahren dorthin mit dem befreienden Wissen, dass
wir JEDES einzelne Tier dieses Stalles herausholen und in ein Leben bringen werden.
Hier war es nun anders. Und furchtbar. 250 von 3000 würden wir mitnehmen, und alle übrigen zurücklassen und wissen, dass sie wenig
später in enge Boxen gepfercht in den Tod geschickt werden würden.
Am Hof angekommen, stellten wir uns kurz dem streng dreinblickenden und kaum gesprächsbereiten Hofbetreiber vor und machten uns sofort
daran, unsere Boxen abzuladen und bereitzustellen. Vier ausländische Arbeiter waren schon gemeinsam mit einigen Angestellten des Betriebs dabei, immer 5 Hennen gleichzeitig an jeweils einem Bein
gepackt aus dem dunklen Stall zu tragen und draußen achtlos in die Boxen, Kartons und Säcke der ländlichen Anwohner zu stopfen, die gekommen waren, um „günstig“ ein paar Hennen mit nach Hause zu
nehmen. Auto um Auto fuhr vor, in abenteuer-lichste Behälter wurden in kürzester Zeit viele Hennen gequetscht und gut gelaunte Personen fuhren mit ihren gefüllten Boxen wieder ab, ohne einen einzigen
Blick auf die Tiere geworfen zu haben, die sie nun mit nach Hause nahmen. Als hätte man ihnen Sand, Kartoffeln oder anderes Gut zur Mitnahme abgefüllt und eingepackt.
Vor dem Stall saßen zwei junge Mädchen, vielleicht 14 oder 15 Jahre alt, an der „Kasse“, nahmen das Geld für die Hennen von den
Menschen entgegen und führten Buch über die Abgabe. Die Arbeiter liefen mit den Hennen, die überkopf an einem Bein in ihren Händen baumelten, manchmal vor Angst schrien, manchmal flatterten, direkt
an den Mädchen vorbei. Sie saßen dort quasselnd, etwas kichernd, und besserten sich wohl ihr Taschengeld auf.
Eine Angestellte des Betriebs, eine deutsche, etwas ältere Frau, weinte in einer Tour leise vor sich hin, während sie gemeinsam mit den
anderen Arbeitern die Hennen an den Beinen aus ihrem dunklen Gefängnis trug und in die Kisten der Abholer steckte.
Wenn man tatenlos dort stehen und diese Situation beobachten muss und auch nur sekundenweise zulässt, das Geschehende voll ins eigene
Bewusstsein eindringen zu lassen, bricht es einem erst das Herz und man wird anschließend von der Absurdität der Selbstverständlichkeiten fast erschlagen.
Wie selbstverständlich ist es allen Menschen hier, dass diese Tiere sterben werden, dass man sie an einem Bein aus einem dunklen Stall
tragen darf, dass es nichts ausmacht, ob sie dabei Schmerzen oder wahnsinnige Angst verspüren, dass es nichts ausmacht, wenn ein Bein, ein Hals, ein Flügel bricht, während 5 Tiere auf einmal kopfüber
einfach in die Boxen gedrückt werden, dass es nichts ausmacht, dass diese Tiere noch nie in ihrem Leben das Tageslicht gesehen oder Erde unter ihren Füßen gespürt haben. Wie selbstverständlich ist es
allen Menschen hier, dass es gleichgültig ist, ob bei den mitgenommenen Tieren kranke oder verletzte dabei sind, dass es gleichgültig ist, ob ein paar von ihnen bald sterben werden, sind sie doch
„billig“ gekauft und müssen nur noch ein bisschen weiter ihren Zweck erfüllen – ganz gleich ob als Eierlieferant oder als Suppenhuhn.
Wie selbstverständlich ist es jedem Menschen hier, dass diese Tiere „lebenslang“ -solange man ihnen aufgrund ausreichender Rentabilität
ein Leben zuspricht- gedrängt und eingepfercht in Gittern und Enge ohne Tageslicht und frische Luft gehalten werden, wie Gegenstände behandelt, am Ende verkauft, verscherbelt, gequetscht, entsorgt
werden.
Niemand hier sieht die Todesangst, den Schmerz und die große Not dieser Tiere, die in ihrem Leben noch nicht einen Moment des Glücks
oder der Zufriedenheit erleben durften. Und niemand hier scheint den Gedanken bilden zu können, dass das, was hier geschieht, nicht normal, legitim und selbstverständlich sein
könnte.
Niemand hier scheint sich vorstellen zu können, dass es anders sein könnte, dass ein Huhn an seinem Leben hängt und Leid, Angst und
Schmerz genauso fühlt wie du und ich; dass man diese Tiere schützen, behüten, gut versorgen und leben lassen könnte!
Niemandem kommt das in den Sinn. Nicht dem mürrischen Stallbetreiber, der den Ablauf streng kontrolliert und die Autos einweist: nicht
den Arbeitern, die die Hennen genervt auf die Erde drücken, wenn sie beim Heraustragen zu schreien oder zu zappeln beginnen; nicht der Angestellten, die mit pausenlos laufenden Tränen, die Hennen aus
dem Stall holt; nicht dem fröhlichen Ehepaar, das den Sack aufhält, in den die Rumänen drei Hände voll Hennen stopfen, und auch nicht den zwei jungen Mädchen, die heute zwar früh aufstehen mussten,
sich aber über ihren kleinen Wochenendverdienst freuen…. Niemand sieht sie, die hier dreitausendfach in Todesangst durch ihre Hände gehen: die
Tiere.
Eine Stunde lief der „Ab-Hof-Verkauf“ und am Ende dieser Zeit waren schließlich wir an der Reihe. Wir durften nicht in den Stall,
konnten nur an unseren Boxen stehen und so gut es ging verzweifelt versuchen, die wahnsinnige Schnelligkeit der Arbeiter etwas abzubremsen, ihnen zumindest ein paar Tiere aus der Hand zu nehmen, ehe
sie sie in unsere Boxen knallten, und den Tieren in den Boxen zu helfen, sich auf die Beine zu stellen. Nur zwei Arbeiter, die aus dem Stall kamen, und schon war eine Box von uns voll. 10 Hennen, die
in wenigen Sekunden kopfüber oder seitlich liegend in unserer Box landeten. Wir versuchten, Bäuche zu fühlen, Kranke zu finden, besonders Schwache herauszunehmen so gut es nur
ging.
Einwand zu erheben, Diskussionen zu beginnen, den Ablauf dieses Grauens zu stören oder zu behindern, wagten wir natürlich nicht. Wir
waren hier geduldet, aber am angespannten Gesicht des Hofbetreibers war deutlich zu sehen, dass er uns lieber früher als später wieder abfahren sehen wollte und dass ein "Aufmucken" unsererseits ganz
sicher bedeuten würde, dass er uns ohne die vereinbarten Tiere vom Hof schicken würde. Für ihn war es vollkommen gleichgültig und einerlei, ob diese 250 Tiere auf unsere Hänger geladen wurden, oder
ob sie mit auf den Schlachttransport gingen. Daher blieben wir ruhig, freundlich neutral, liefen, wenn wir die Zeit fanden, den Arbeitern entgegen, um ihnen schon auf dem Weg aus dem Stall das ein
oder andere besonders zappelnde oder schreiende Tier abzunehmen und warfen nur im Vorbeilaufen vorsichtige Blicke in die dunklen Stallgänge. Darin sahen wir ein Volierensystem, wie wir es auch aus
anderen Bodenhaltungsbetrieben gut kennen. Die Hennen sitzen mit 9 Hennen pro Quadratmeter in Etagen übereinander in volierenartigen Gitterverschlägen. Da ein Drittel der ihnen zur Verfügung
stehenden Fläche der Erdboden der dunklen Halle unterhalb der ersten Gitteretage ist, darf diese Haltung Bodenhaltung genannt werden und ist die gängigste Haltungsform von Legehennen in
Deutschland.
250 Tiere hatten wir vereinbart, aber ein paar Boxen mehr hatten wir dabei, und natürlich auch einige Pflegiboxen. Da niemand
mitzählte, füllten wir alles, was nur möglich war und konnten so schließlich 299 Hennen in unsere Hänger laden.
So schnell wie möglich wollten wir nun von hier fort, denn nun begannen die Arbeiter die Boxen für die Schlachttransporter zu füllen. Alle weiteren Tiere, die jetzt aus dem Stall getragen wurden,
fuhren direkt in den Tod.
Wir vertieften uns in die Verladung und Sicherung unserer Geretteten, als plötzlich die weinende Arbeiterin zu uns kam. Schüchtern und etwas einfältig, immer noch mit Tränen im Gesicht, fragte sie
uns, ob die Hennen, die wir mitnahmen, nicht geschlachtet werden würden. Wir erklärten ihr, dass unsere Tiere glücklich leben, gut versorgt und natürlich niemals geschlachtet werden würden. Da bat
sie uns, ob sie uns zwei Tiere bringen dürfte, die sie noch im Stall hätte, und die ihr so am Herzen lägen. Beide könnten aber nicht laufen und sie hätte sie hinten im Stall einzeln gepflegt, nachdem
sie sich in der Anlage die Beine gebrochen hätten. Und sie weinte schon den ganzen Morgen, weil sie nachher, am Ende der Ausstallung die beiden ja auch auf den Schlachttransport geben müsste. Sofort
her mit ihnen!, riefen wir. Und wenn Sie noch mehr kranke Tiere haben, bringen Sie sie mit! Sie brachte uns nur die beiden. Weinend. Eine von ihnen hatte ein dickes Gelenk und ein völlig schief
verwachsenes Bein, das in 90-Grad-Winkel nach außen stand, abgemagert, das Gesicht geschwollen und den Kopf blutig gepickt.
Die zweite Henne hatte eine tiefe Verletzung auf dem Fuß, dick angeschwollen, gequetscht und nekrotisch. Weinend erzählte sie, dass sie
die beiden aus der Anlage genommen und sich sehr um beide gekümmert hatte und dass die anderen Angestellten sie ausgelacht hatten. Wir versorgten die Tiere mit Infusionen und Schmerzmitteln und
platzierten sie schonend und sicher in zwei Pflegiboxen.
Die Frau erzählte weiter. Die eine Henne, sie hatte sie Minna genannt, höre auf ihren Namen. Sie hätte sie manchmal aus dem Käfig
genommen und sie sei ihr auf einem Bein hinterhergehüpft. Hühner seien gar nicht dumm und sie höre auf ihren Namen! Dann weinte sie wieder und sagte, uns könne sie ja sagen, dass sie ihr einen Namen
gegeben hätte. Anderen Menschen hätte sie das nicht erzählt. Sie würden sie auslachen.
Wir waren fassungslos. Diese Frau hatte den ganzen Morgen lang Hennen ausgestallt, war mit jedem Huhn, das sie heraustrug, näher ans Ende
des Stalls gelangt und wusste und dachte die ganze Zeit daran, dass sie am Ende ihre Minna und die zweite, namenlose Henne heraustragen und zum Schlachthof schicken würde. Zwei Tiere, für deren Leid
sie offensichtlich ihre Augen hatte öffnen können, für die sie Mitleid empfunden hatte, die sie vor einem grausamen Tod unter den Schnäbeln ihrer Artgenossen in der engen Anlage gerettet und die sie
nun schon einige Wochen einzeln versorgt hatte.
Wir sprachen ein bisschen mit ihr, erklärten ihr, dass diese Tiere längst zum Tierarzt gehört hätten, dass man die Beine nun wohl nicht
mehr würde retten können, dass wir aber alles versuchen und uns gut um die beiden Hennen kümmern würden. Sie war erleichtert, dass sie uns ihre Sorge um die Tiere offenbaren konnte, dass wir sie
nicht auslachten. Sie hörte auf zu weinen und freute sich über Minnas Rettung. Wir gaben ihr unseren Flyer und unsere Telefonnummer und baten sie inständig, dass sie sich sofort bei uns melden solle,
wenn sie noch einmal ein verletztes oder schwaches Tier entdecken und herausholen könne. Wir erklärten ihr freundlich, dass man auch ein Huhn tierärztlich versorgen und ihm helfen könne und dass wir
sofort kämen, wenn sie uns anriefe. Aber schon während wir sprachen, sahen wir in ihren Augen, dass unsere Worte sie nicht erreichten und eher auf sie wirkten, als wären wir von einem anderen Stern.
Mit einem Huhn zum Tierarzt zu gehen… das erschien ihr wohl ebenso absurd wie uns das erschien, was sie hier tat: ein schwer verletztes Huhn aus der Anlage zu nehmen, es mit gequetschtem, gebrochenen
Bein unversorgt und ohne Schmerzmittel wochenlang in einem dunklen Käfig sitzen zu lassen, es aber zu füttern, am Leben zu halten, ihm einen Namen zu geben, es zu „mögen“ und es schließlich weinend
zur Schlachtung zu schicken.
Sie lächelte und verabschiedete sich von Minna. Und sagte uns zum Abschied, sichtlich selbstbewusster und bestärkt, dass sie schon lang
und gern hier auf dem Hof arbeite, mit den Tieren, weil sie Tiere möge…
Die Kluft zwischen ihrer Welt und unserer war so unüberbrückbar und hoffnungslos tief. Wir konnten ihr nicht einmal einen Vorwurf machen. Wir schlossen unsere Hänger, sicherten die Boxen der
verletzten Tiere in unseren Autos und fuhren ab. Sprachlos und ratlos.
Diese Frau ging und geht auch weiterhin Jahre ihres Lebens täglich in einem dunklen Gefängnis für tausende von Hennen ein und aus. Sie
sieht Jahr für Jahr, wie junge, neu- und lebensgierige, gesunde Junghennen - fast noch Küken- in diese Halle eingesperrt werden und erlebt in ihrem alltäglichen Arbeitsablauf jeden Lebenstag dieser
Tiere, ein Jahr lang, bis zu deren Tod. Sie erlebt, wie die jungen Hennen beginnen, ihre ersten Eier zu legen, wie verunsichert sie sich in den ersten Wochen dabei in den Legenestern zusammendrücken,
manche Tiere dabei erdrückt werden, wie sie Schutz suchen und niemals finden, wie sie sich an die Gitter drücken in der verzweifelten Sehnsucht nach Licht, Sonne, frischer Luft und einem Ausweg aus
der brutalen Enge. Sie sieht, wie die rangschwächsten Tiere sich verzweifelt und lebensmüde nur noch ducken, nicht mehr flüchten, denn es gibt keinen Platz, keinen Weg und kein Versteck unter
Tausenden auf engstem Raum. Sie erlebt, wie das schöne glänzende Gefieder der jungen Tiere Tag für Tag matter wird, von den Gittern zerstossen, von den verzweifelten Schnäbeln der anderen Tiere
zerrupft. Sie erlebt, wie die ersten Tiere an Legeproblemen oder Schwäche sterben, mit dicken Bäuchen, zerpickten Kloaken oder bis auf die Knochen abgemagert tot aus den Anlagen gesammelt werden
müssen. Und sie nimmt es hin, “arbeitet sie doch gern mit den Tieren”, weil das alles ist für sie und ihr gesamtes Umfeld selbstverständlich ist. Es gibt in dieser menschengemachten,
menschengerechten Welt keinen Raum für den Gedanken, dass das, was hier geschieht grausame Brutalität und höchstes, tausendfaches Unrecht an unschuldigen, fühlenden Lebewesen ist.
Im Angesicht der beiden schwerstverletzten Hennen, mit ihren eingeklemmten Beinen ist bei dieser Frau dann aber plötzlich ein Fünkchen
der Empathie erwacht, die eigentlich doch selbstverständlich und normal sein sollte. Nicht für die Tausenden, die dort täglich unter ihren Augen leiden, aber doch immerhin für zwei Tiere, deren Not
so sichtbar war, dass die Mechanismen von erlernter Akzeptanz scheinbarer Selbstverständlichkeiten und damit einhergehender Legitimation nicht mehr funktionierten. Sie hat geholfen, hat eine Bindung
entwickelt, ein Gefühl, und sie hat es doch ganz offensichtlich, ganz unmissverständlich gefühlt! Sie hat geweint und geweint. Sie hat gefühlt, dass sich alles in ihr dagegen wehren möchte, diese
Tiere nun im Stich und töten zu lassen. Und doch konnte sie diesem Gefühl nicht trauen, konnte ihrem eigenen Gefühl nicht glauben, weil alle Menschen und ihre ganze ihr bekannte Welt ihr verächtlich
suggeriert, dass dieses Gefühl lachhaft, albern und dumm sei.
Wie groß und stark ist diese Macht der Selbstverständlichkeit, der Gewohnheit, der uns Menschen anerzogenen Entfremdung von dem
natürlichsten, in unserem Sprachverständnis doch eigentlich “humansten” Gefühl der Empathie? Grausamste Ausbeutung, Ermordung, Missachtung und Folter an unseren Mitgeschöpfen -den Tieren- werden
durch diese Mechanismen legitimiert.
Sprachlos und ratlos machte uns diese Begegnung und auch ein ganzes Stück mutlos, denn unser Kampf gegen diese menschengerechte Macht
erschien uns in diesem Moment aussichtslos.
An Bord unserer Fahrzeuge aber saßen 301 gerettete Tiere, wir hörten ihr Surren in den Boxen und sahen Hummel sicher und weich
gepolstert in ihrer Pflegebox auf unserer Rücksitzbank liegen. Und an unseren Übergabeorten warteten genau in diesem Augenblick viele aufgeregte, liebe Menschen, die anders
waren. Menschen, die verstanden hatten, dass es keinen Unterschied zwischen dem Fühlen, dem Lebensrecht und dem Lebenswillen eines Tieres und dem eines
Menschen gibt. Menschen, die aufgeregt und voller Empathie auf unsere Hühner warteten, sich von nun an um sie sorgten und ihnen alles geben würden, was diese Tiere noch nie hatten kennenlernen dürfen
und was sie für ein erfülltes Hühnerleben brauchten. Menschen, die sie zum Tierarzt bringen würden, wenn es ihnen schlecht gehen sollte, die sie verwöhnen und glücklich machen würden. Menschen, die
jedes ihrer neu adoptierten Tiere mit Namen begrüßten, jedes begutachteten und ihm schon auf dem Heimweg in den liebevoll ausgestatteten Boxen mit Futter und Wasser beruhigend versprachen, dass nun
alles gut würde und ein wunderschönes Zuhause auf sie wartete.
Eine Henne mit frischem Beinbruch fanden wir bei den Übergaben in unseren Boxen. Alle anderen hatten den Umgang der Ausstaller
glücklicherweise relativ glimpflich überstanden. Vier Tiere mit dicken Schichteibäuchen sortierten wir außerdem noch aus. Sie hatten wir bei der rasend schnellen Befüllung unserer Boxen nicht
erkennen können.
Heute geht es all diesen Tieren gut. Sie haben erfolgreiche Operationen hinter sich, leben nun sorgenfrei, ohne Angst und ohne Schmerz
in einem echten, wunderschönen Zuhause.
Minna heißt heute Hummel. Ihr gebrochenes, unbehandeltes Bein war bereits völlig schief verwachsen als sie in unsere Hände kam, das
Gelenk in 90-Grad-Winkel versteift, das Bein zur rechten Seite vom Körper wegstehend verwachsen.
Sie erholte sich zunächst in unserer Obhut in einer kleinen Handicap-Gruppe, die Wunden an Kopf und Gesicht verheilten, sie wurde von
Tag zu Tag munterer, nahm zu, erkundete ihre Umgebung hüpfend auf ihrem gesunden Bein und kam so schon bald erstaunlich gut zurecht.
6 Wochen nach ihrer Rettung ließen wir ihr Bein in der Tierärztlichen Hochschule Hannover operieren. Das versteifte, zerstörte Gelenk
konnte zwar nicht wieder nutzbar gemacht werden, das Bein konnte jedoch zumindest in Laufrichtung gerichtet werden, sodass sie es hoffentlich bald, nach Abnahme des Verbands zumindest als Stütze beim
Laufen nutzen kann.
Die Heilung verläuft bisher prima, die Pins konnten schon entfernt werden und in Kürze wird Hummel hoffentlich ohne Verband noch agiler
durch die Gegend flitzen können als schon jetzt.
Hummel lebt ihr kleines Leben glücklich, so wie sie ist und trotz allem, was sie erleben musste. Sie hat nur dieses eine Leben und sie
hängt an ihrem Leben– nicht anders als du oder ich.
Auch die zweite Henne, die bei der Angestellten des Hofes namenlos blieb, hat heute einen Namen, ein Zuhause und ein Leben, wie jedes
Huhn es haben sollte. Sie heißt Humpeli . Ihr Fuß wurde schon wenige Tage nach der Rettung amputiert, sie kann den Stumpf des Beines gut nutzen und ist heute ein glückliches, zwar gehandicaptes, aber
zufriedenes Tier.
Vielen Dank an alle Adoptanten der 4113 Tiere unserer Sommerrettungen!
Vielen Dank für die Liebe, die ihr den Tieren schenkt! Vielen Dank für eure Empathie und für die Selbstverständlichkeit, mit der ihr
Tieren helft und sie beschützt! Und vielen Dank für den Mut und die Aussicht, die wir so gemeinsam haben können!
Euer Team von
Rettet das Huhn e.V.
Juni 2020
Unsere Info-Broschüren für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind da!
Endlich ist es soweit : Unsere Info-Broschüren für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind fertig.
Sie können für Tierschutzunterricht an Schulen eingesetzt werden, auf Infotischen ausgelegt oder an anderen Orten an alle interessierten Menschen verteilt
werden.
Wir haben Broschüren für drei verschiedene Altersklassen entworfen:
Infobroschüre für Schulen -Primarstufe und Sekundarstufe I
Dieses 34-seitige Heftchen wendet sich mit einfachen, kurzen Texten und vielen Bildern an Kinder und Jugendliche der Klassen 4-8.
In Kapitel 1- einer "Kleinen Hühnerkunde"- werden zunächst grundlegende Dinge über das Wesen und Verhalten des Huhns erklärt. Wenn Kinder lernen und verstehen, was Hühner für ein
zufriedenes, artgerechtes Leben brauchen, fällt es ihnen leicht, im anschließenden Kapitel "Hühner in der Massentierhaltung" zu erkennen, wo die Probleme liegen und warum es nicht
richtig sein kann, Tiere so zu halten. Im dritten Kapitel "Rettet das Huhn rettet die Hühner" wird unsere Arbeit beschrieben. Die Kinder erfahren, dass einige Tiere gerettet werden
können, dass sie sich erholen, dass sie ein Zuhause bekommen und dass es viele Menschen gibt, die etwas ändern und den Tieren helfen wollen. So können sie die Lektüre mit positivem Gefühl abschließen
und hoffentlich Kraft schöpfen, um selbst Veränderung in die Welt zu bringen.
Infobroschüre für Schulen -Sekundarstufe I und II
Wie in der Kinderbroschüre werden auch hier zunächst die natürlichen Bedürfnisse und Verhaltensweisen von Hühnern erklärt. Anschließend werden die Lebensbedingungen der Tiere in Boden-, Freiland- und
Biohaltung und die Missstände dargestellt, die sich in der Legehennenindutrie auftun, in der die Tiere zur Produktionsmaschine degradiert und ausgebeutet werden. Zum Schluss beschreiben wir Vorgehen
und Arbeitsweise unseres Vereins, den Ablauf der Rettungen und die Vermittlung der Tiere in gute Lebensplätze.
Die ausführlichen Texte werden auf 18 Seiten mit vielen Bildern anschaulich ergänzt.
Wir empfehlen die Broschüren -je nach Schulform- fürJugendliche ab Klasse 8.
Infobroschüre Rettet das Huhn e.V.
Der Text dieser Broschüre ist identisch mit dem der Broschüre für Sekundarstufe I und II. Das Layout ist etwas neutraler und weniger jugendlich. Dieses 18seitige Heft ist somit für alle
interessierten Menschen auch außerhalb von Schule gedacht und soll Aufklärung über das leisten, was jeder, der sich für den Konsum von Eiern oder ei-enthaltenden Produkten entscheidet, wissen
sollte.
Gern senden wir euch die Broschüren zur Verteilung, für den eigenen Gebrauch oder für den Einsatz an Schulen zu. Schulklassen stellen wir sie natürlich gern in
Klassenstärke zur Verfügung.
Für die Bestellung schreibt uns eine Mail mit Angabe eurer Lieferadresse
und der Stückzahl der gewünschten Broschüre(n) an bestellungen@rettetdashuhn.de.
Sofern es zeitlich und örtlich möglich ist, kommen unsere Ansprechpartner auch gern persönlich an Schulen, um den Schülern anschaulich (meist in hühnisch-kecker
Begleitung) in einer Unterrichtsstunde das Thema näher zu bringen.
Bei Interesse an solch einer Infostunde können sich Lehrer ebenfalls unter bestellungen@rettetdashuhn.de an uns wenden.
Herzliche Grüße
Euer Team von
Rettet das Huhn e.V.
Mai 2020
Unsere Frühlingsrettungen mitten in Corona:
5216 Legehennen und 61 Hähne ins Leben gebracht!
Liebe Freunde von Rettet das Huhn e.V.!
Nun kommen wir endlich dazu, euch von den vergangenen Wochen und unseren vielen Frühlingsrettungen zu berichten. Die Rettungstermine fielen genau in die Hoch-Zeit der Corona-Krise und Beschränkungen
und wir hatten viele Unsicherheiten zu überwinden.
Mitte März, als die ersten Beschränkungen so plötzlich über das ganze Land kamen, meldete sich der Bodenhaltungsbetrieb bei uns, dessen Hühner wir eigentlich erst am 18.April abholen sollten. Er
könne -als regionaler Vermarkter und Belieferer der Restaurants und Hotels- einen Teil seiner Eier nicht mehr verkaufen, nachdem die Gastronomie schließen musste, und fragte, ob wir die Tiere früher
holen wollten…
Diese Anfrage stürzte uns in ein Dilemma:
Wenn wir beim vereinbarten Termin blieben, bliebe er für 4 Wochen teilweise auf seinen Futterkosten sitzen, und dieser finanzielle Schaden für den Betrieb konnte uns nur recht sein… Ihm die Hühner
früher abzunehmen, weil er sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht länger halten wollte, fühlte sich falsch an. Andererseits hatten wir Angst, dass er angesichts der Tatsache, dass sie nun für vier
Wochen keinen Gewinn mehr bringen konnten, versuchen würde, kurzfristig einen Schlachttransport zu bestellen oder sie zumindest teilweise ab Hof an Leute aus der Umgebung abgeben würde- als billige
Suppenhühner, Hundefrischfutter oder zum “Weiterlegen, bis sie es nicht mehr machen”, wie es bei Legehennenbetrieben Gang und Gäbe ist.
Also suchten wir das Gespräch mit ihm, sagten ihm, dass es für uns schwierig wäre, die Ausstallung nun so kurzfristig vorzuverlegen und fragten ihn, ob er die Tiere schlachten lassen oder vor Ort
abgeben würde, wenn wir sie nicht eher holen könnten. Seine Antwort überraschte uns wirklich:
“Nein, das würde er nicht. Wir hätten doch schon für jedes Tier einen Platz, sie wären ja sozusagen schon versprochen und sollten dann auch leben dürfen. Er würde sie behalten, auch wenn wir erst wie
geplant am 18.April kämen.”
Wir hätten sie also noch dort lassen können, hätten ihn auf den Futterkosten sitzen lassen und bei unserer Planung bleiben können...
ABER: Jeder Tag, den wir sie früher holen könnten, würde mehreren Tieren die Rettung ihres Lebens bedeuten. Denn an jedem Tag sterben dort Tiere an Verletzungen, an Komplikationen an den Legeorganen,
an ihrer totalen, tödlichen Erschöpfung, und insbesondere am Ende der Zeit nimmt die Sterblichkeit noch einmal deutlich zu. Aber auch für alle Hennen, die vier weitere Wochen noch überleben würden...
Schaut euch die Bilder an!
Haben wir - wenn es die Möglichkeit gibt, sie früher abzuholen und den Tieren auch nur EINEN EINZIGEN Tag in dieser Hölle zu ersparen- überhaupt eine Wahl?
Hätten wir ernsthaft entscheiden können, sie NICHT so schnell wie nur möglich zu holen?
Und dann war da ja auch noch Corona... Es waren die ersten Tage der Beschränkungen. Schulen und Gastronomie waren gerade geschlossen worden,
es gab eine 5-Personen-Kontaktbeschränkung und im Raum standen weitere Maßnahmen, Ausgangssperren usw. Keiner wusste, was kommen würde.
Die gesamte Situation war so neuartig, verunsichernd und verwirrend. Und diese Unsicherheit und Befremdlichkeit hing wie ein Damoklesschwert über den 5 großen Rettungen, die wir für die nächsten 6
Wochen schon fertig geplant und vorbereitet hatten. Wunderbare Lebensplätze für über 5000 Hennen waren gefunden, fast 1300 Menschen bereiteten in ihren Gärten und Ställen alles für die baldige
Aufnahme der Tiere vor, die Tiere mussten nur noch die letzten Wochen in der Hölle der Massentierhaltung überstehen, der Tag ihrer Befreiung war so nah, und nun kam Corona. Wir wussten überhaupt
nicht, was da kommen würde, ob und wie wir die Rettungen würden durchführen können. Ob wir mit unserem Team in die Ställe dürften, ob die Menschen zur Abholung ihrer Tiere kommen dürften, ob unser
Team einsatzbereit bliebe, ob Quarantäneauflagen den Einsatz mancher Helfer verhindern würden usw. usw.
Und so fassten wir am Mittwoch, den 18. März, nach einigen bangen Stunden des Kopfzerbrechens den Entschluss:
Wir machen es!
Wir versuchen -jetzt, wo es noch möglich ist- so schnell wie möglich so viele Tiere wie möglich rauszuholen!
Unser Team telefonierte, organisierte, zauberte und steckte wie immer das ganze Herz hinein: Drei Tage später, am 21.März 2020 holten wir aus dem Betrieb 870 der circa 1470 Hennen ab und brachten sie
an 12 Übergabeorte, wo sie von 170 lieben Menschen in Empfang genommen wurden.
Keine 24 Stunden vor Beginn unserer Rettung trat in Bayern die 2-Personen-Regelung und die strenge Ausgangsbeschränkung in Kraft, so dass wir kurzfristig die
Übergabeorte in Bayern wieder streichen mussten. Rund 600 Tiere mussten wir im Betrieb zurücklassen, in der Hoffnung und mit unserem festen Versprechen an sie, dass wir alles tun würden, um sie wie
ursprünglich geplant am 18.April ebenfalls herauszuholen.
Im Stall erlebten wir, was wir immer in den Bodenhaltungen erleben. Bis ans Ende ihrer Kraft ausgezehrte, bleiche, verstörte, großenteils fast nackte Tiere, die in
den 17 Monaten ihres Lebens noch nie das Tageslicht gesehen, die Wärme der Sonne auf ihrer Haut und Erdboden unter ihren geschundenen Füßen gespürt haben, die noch keinen einzigen lebenswerten,
friedlichen Tag erlebt haben, die ihr Leben auf Gittern, in ihren Exkrementen und auf den Leichen ihrer Artgenossen stehend verbringen mussten, die ohne jede Möglichkeit der Flucht erleben mussten,
wie Artgenossen dicht an dicht mit ihnen selbst eingeklemmt in Stallgerätschaften verhungern und verdursten müssen oder von anderen Hühnern zu Tode gemobbt und gehackt werden.
Das Grauen, das in diesen Ställen tagtäglich geschieht, kommt in voller Härte am Ende einer Ausstallung zu Tage, wenn die Käfige leerer werden, wenn die Masse der
Tiere die größten Grausamkeiten nicht mehr verdeckt.
Während der 3 Tage der Umplanung, der Vorbereitung dieser vorgezogenen Rettung hatten wir, auch durch manche kritische Stimmen, die uns erreichten, einige Zweifel,
fragten uns selbst, ob wir es verantworten könnten, was wir hier taten. Alle Welt bereitete sich auf einen vermuteten Lockdown vor, Menschen waren angsterfüllt, verunsichert, machten Hamsterkäufe und
verließen ihre Häuser nicht mehr, ... und wir bereiteten eine Hühnerrettung vor, an der 20 Personen am Stall und 170 bei der Verteilung der Tiere beteiligt sein würden. Natürlich organisierten wir
alles unter Berücksichtigung der vorgeschriebenen Beschränkungen und Schutzmaßnahmen, trugen allesamt uneingeschränkt FFP3 Schutzmasken während der Rettungen und gestalteten die Übergaben kontaktlos,
so dass nicht mehr als 2 Personen aufeinander trafen und die Mindestabstände gewährt wurden. Trotzdem waren es bange Tage.
Doch am Abend vor der Rettung, legte sich ein kraftvoller, guter Gedanke über diese Zweifel und sagte uns eindeutig, dass alles richtig war: Für 870 Tiere der Milliarden von ausgebeuteten,
ungesehenen, für die Gesellschaft wertlosen, völlig schutzlosen Tiere, die keinerlei Lobby, keine Rechte und keine Stimme haben, machen sich morgen viele Menschen in ganz Deutschland bereit und auf
den Weg, um ihnen zu helfen, sie zu beschützen und ihnen ein Leben und ein Zuhause zu schenken.
Während auf der ganzen Welt die Menschen um sich selbst bangen, sich Sorgen um ihre Gesundheit, ihr Einkommen, ihren Alltag, ihren Konsum, ihre Wirtschaft machen und
mehr als ohnehin schon der Mensch sich in seiner krankhaft egomanen Wesensart wieder einmal selbst in den Mittelpunkt seiner zerstörerischen Weltanschauung rückt, bereiten 170 Adoptanten in
Windeseile und mit großem Engagement alles vor, um diese Tiere 4 Wochen früher als geplant in ihr Zuhause zu holen. Für diese rechtlosen, schutzlosenTiere haben sie umgeplant, sich beeilt, alles
vorbereitet, alles möglich gemacht und werden trotz aller momentanen Unsicherheiten morgen an unseren Übergabeorten stehen, und ihre Tiere berührt, erschrocken und liebevoll entgegennehmen.
Für diese 870 Tiere hat unser bestes Team der Welt in den letzten drei Tagen alles stehen und liegen gelassen und es möglich gemacht, dass ihre Rettung möglich und in kürzester Zeit um 4
Wochen vorverlegt wird.
Das hätten wir an diesem Abend den Hühnern gern gesagt. Ihnen und auch allen anderen, die wir in den kommenden Wochen noch retten wollten: Wir werden da sein.
Wir werden euch nicht im Stich lassen. Wir werden alles tun, um eure Rettung möglich zu machen.
Wir werden es uns nicht einfach machen und wir werden uns keine Angst machen lassen. FÜR EUCH!
Und genau so haben wir es gemacht.
Im Nachhinein gesehen, war diese vorgezogene Rettung am 21.März die einfachste, denn die Beschränkungen und Entwicklungen, die in den nächsten Tagen und Wochen
folgten, erschwerten unser Tun noch weiter.
Wir stellten Anträge und ließen uns die weiteren Rettungen im März, April und Mai
behördlich genehmigen. Wir erstellten genaue Anleitungen zur Gestaltung unserer Hühnerübergaben unter Berücksichtigung aller Infektions-Schutzmaßnahmen. Wir meldeten die Hühnerübergaben in den
Bundesländern mit besonders strengen Vorgaben bei den Polizeidienststellen an und statteten alle Adoptanten und Transporte mit speziellen Begleitschreiben aus, mit denen sie die Notwendigkeit und
Zulässigkeit ihrer Fahrt zur Abholung der Tiere belegen konnten.
So retteten wir mitten in der Corona-Krise in der Zeit vom 21.März bis zum
2. Mai 2020 insgesamt 5216 Hennen und 30 Hähnen das Leben und brachten
31 weitere Hähne (aus Tierheimen, Beschlagnahmen, ausgesetzte Fundtiere)
in ein neues Zuhause:
1445 Hennen aus der Bodenhaltung im Sauerland
1287 Hennen und 30 Hähne aus einer Biohaltung bei Ulm
1354 Hennen aus einer Bodenhaltung im Westerwald
570 Hennen aus einer Bodenhaltung mit gesamt 100 000 Hennen in Schleswig-Holstein
560 Hennen aus einer Bodenhaltung im Breisgau
Wir fuhren 82 Übergabeorte in ganz Deutschland an, an denen 1283 Adoptanten die Tiere aufnahmen.
221 Hühner sortierten wir schon während der Rettungen aus, da sie unmittelbar tierärztlich versorgt werden mussten. Sie wurden in vorbereitete Pflegestellen gegeben
oder blieben in Obhut des Vereins.
Für 38 Tiere kamen wir zu spät. Sie starben noch während unser Sofort-Maßnahmen am Stall, wenig später beim Tierarzt oder mussten euthanasiert werden.
Cherie fanden wir bei der Rettung am 21.März in der Bodenhaltung. Unter den Füßen der anderen, schwer zerpickt und bis auf die Knochen abgemagert, versuchten wir sie mit
Infusionen zu stabilisieren, aber konnten sie nicht mehr ins Leben holen.
Wir haben noch so vieles in diesen Wochen erlebt. Die Rettung der 570 Hennen in Norddeutschland war eine furchtbare “Open-End-Situation”.. Wir übernahmen einen
Bruchteil der Tiere kurz bevor die insgesamt 100 000 Hennen zum Schlachthof abgeholt wurden.
Außerdem durften wir gleichzeitig mit den Reinigungstrupps in die fertig ausgestallten Hallen, um die “Reste” einzufangen -Tiere, die übersehen worden waren und noch
in den riesigen Hallen umherliefen.
Tiere, die während der Ausstallung aus den Hallen geflüchtet waren und sich nun außerhalb auf dem Gelände versteckten, Tiere, die in den endlosen Nestern versteckt
zwischen toten, verwesten Artgenossen saßen, Tiere, die in die Katakomben unter den Kotförderbändern gefallen waren und in endlosen, stockfinsteren, dreckigen Gängen umherirrten…
Wir werden euch hierüber in Kürze detailliert in einem gesonderten Bericht erzählen.
Bei der Rettung im Biobetrieb in Ulm hatten wir eigentlich -gemäß Angabe des Betreibers- mit rund 1700 Hennen und 25-30 Hähnen gerechnet. Wir planen gut und
vereinbaren mit jedem unserer Adoptanten immer eine individuelle Spanne, wie viele Hühner er aufnehmen kann. So können wir Differenzen von 200 Hennen mehr oder weniger gut ausgleichen.
Hier aber, im April in Ulm, fanden wir nur noch 1237 Hennen und 30 Hähne im Stall vor. Fast 500 Hennen weniger, als wir angenommen hatten. Der Betreiber erklärte es uns mit den enormen Verlusten
durch Greifvögel… Möglicherweise war das so, aber eine so schlechte Dokumentation macht uns die Planung natürlich sehr schwer. Dem Betreiber war es zumindest sehr unangenehm, und wir konnten ihn
überreden, uns noch wenigstens 50 der 1000 jüngeren Hennen aus dem anderen Stall mitzugeben, die eigentlich erst im Winter ausgestallt werden. So konnten wir für 50 Tiere eine Rettung weit vor Ablauf
ihrer eigentlichen Zeit der Ausbeutung erreichen! Auch hier zeigt sich, dass ein moderater Umgang von uns als Tierschützer mit den tierausbeutenden Betreibern - auch wenn unsere Absichten und
Einstellungen nicht verschiedener sein könnten - für die Tiere lebensrettend sein kann.
Fast zeitgleich teilte uns der Betreiber der Bodenhaltung im Breisgau, dessen 1000 Hennen wir im Sommer holen sollten, mit, dass wir seine Tiere schon innerhalb der
nächsten 6 Wochen abholen könnten. So fuhren wir Ende April hin, um zunächst nur 60 Hennen abzuholen, dann so schnell wie möglich die Vermittlung abzuschließen und einen Termin für die Ausstallung
festzulegen. Was wir dort im Betrieb vorfanden, war grauenvoll: Von den erwarteten 1000 Hennen lebte nur noch rund die Hälfte, der Ernährungszustand der Tiere war katastrophal, die Hennen hatten
reihenweise schwere Ballenabszesse, im Stall gab es etliche bauliche Mängel, viele Tiere waren in die Kotgrube gefallen und saßen dort unversorgt ohne Futter und Wasser, etliche tote Tiere lagen
herum... Wir waren schockiert und wieder hatten wir nur eine Wahl: so schnell wie möglich alles zu organisieren, alle Adoptanten zu mobilisieren, die Transporte zu planen und die Hennen so bald es
nur ging dort rauszuholen. Wir sprachen mit dem Betreiber über die Hühner in der Kotgrube und deren fehlende Versorgung. Er zeigte wenig Einsicht und meinte, die Tiere könnten auch eigenständig
wieder herausfinden und außerdem von unten durch den Spaltenboden eine Nippeltränke erreichen. Wir organisierten eine Helferin aus der Nähe des Stalls, die ab sofort täglich zum Stall fuhr und den
Hennen dort unten Futter und Wasser bereitstellte. Und eine Woche später, am 2.Mai, zeitgleich mit unserer Ausstallung im Westerwald, holte unser Team Ba-Wü die restlichen Hennen ab. 560 Tiere fanden
sie noch lebend im Stall und in der Kotgrube, etliche davon in erbärmlichem Zustand. 29 Tiere starben noch auf dem Weg zum Tierarzt oder kurze Zeit später. Viele befinden sich auch heute noch in
Behandlung und einige sind noch nicht über den Berg… Einige Hennen waren so geschwächt, dass sie in den ersten Tagen nur in ihren Handtuchnestchen saßen, fraßen und schliefen. Sie tankten die Ruhe,
die Wärme des Rotlichts, und schauten mit ihren verstörten Äuglein nur sehr behutsam in die Welt. Zerbrochene Seelen, traumatisierte, gebrochene Tiere, deren Körper, Seele und Psyche wir Menschen vom
ersten bis zum letzten Tag ihres Lebens an mit Füßen treten.
Auch über diese Rettung und unser weiteres Vorgehen in Bezug auf diesen Stall werden wir euch in Kürze noch detailliert berichten.
Bei allem Grauenvollen, unendlich Traurigem und Belastendem, was wir in den letzten Wochen erlebt haben, ist doch das Tröstende und Kraftgebende unser starker
Gedanke:
So viele Menschen haben sich für diese Tiere eingesetzt und alles für ihre Rettung in Bewegung gesetzt, haben dem Tag der Aufnahme entgegengefiebert und legen
ab sofort ihre Hand schützend über diese Tiere.
Tiere, die noch niemals als fühlendes Individuum wahrgenommen wurden und die rechtlos, hilflos und ungesehen an unterster Stelle unseres tierausbeutenden Systems
stehen.
Herzlichen Dank für Eure Fürsorge für diese Tiere allen Adoptanten, Tierärzten, Helfern, Unterstützern und natürlich dem besten Team der Welt!
Euer Team von
Rettet das Huhn e.V.